Gestern Abend bin ich nach den sehr intensiven letzten Tagen in Bordeaux wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Heute Vormittag musste ich also erst einmal Schlaf nachholen, bevor ich die Berichterstattung der letzten Tage aufhole.
Am Donnerstag fand unser zweiter Exkusionstag statt und dieses Mal hatten wir glücklicherweise einen zivilisierteren Busfahrer. Den Vormittag verbrachten wir im Château Dudon in Barsac. Das Familienweingut liegt im bekannten Weißweingebiet Sauternes und stellt zwei süße Weißweine aus Semillon und Sauvignon Blanc her. Während der Führung gab es viel zu Lachen, da der Besitzer mit seinem trockenen Humor einen Witz nach dem anderen riss. Nach der Verkostung der Weine fuhren wir mit dem Bus nach Saint Émilion, um dort unser Mittagspicknick zu machen. Da wir noch Zeit bis zum nächsten Termin hatten, konnten wir den kleinen berühmten Weinort noch ein wenig zu Fuß erkunden.

Saint-Émilion

Château Dudon
Das biodynamisch wirtschaftende Château Fonroque empfing uns am Nachmittag. In beinahe unerträglicher Mittagshitze wurden wir zunächst vor Ort über die Arbeiten im Weinberg informiert. Als wir mit der Führung endlich den Keller mit den Betontanks erreichten, waren dementsprechend alle ziemlich erleichtert. Am Ende gab es noch die zwei Rotweine des Weinguts, den Zweitwein „Château Cartier“ und den Erstwein „Château Fonroque“ zur Verkostung. Da wir bereits gegen halb fünf wieder zurück in Bordeaux waren, beschlossen Catalina, Katja und ich noch ein architektonisches Highlight in Pessac zu besichtigen: la Cité Frugès-le Corbusier. Dabei handelt es sich um ein Stadtviertel bestehend aus 50 Häusern, welches vom französischen Architekten Le Corbusier Anfang des 20. Jahrhunderts geplant und durch die finanzielle Unterstützung des Unternehmers Henry Frugès realisiert wurde. Ursprünglich gedacht war ein ganzes Arbeiterviertel mit über 100 Häusern, Freizeit- und Sportmöglichkeiten. Aufgrund der Regression konnte jedoch nur ein Teil gebaut werden. Zunächst liefen wir zu Fuß durch das Gartenviertel und schauten uns von außen soweit möglich die sechs verschiedenen Häusermodelle an. Einige waren leider durch die verwilderten Vorgärten etwas versteckt, oder aufgrund mangelnder Sanierung in schlechtem Zustand. Nach unserem Rundgang erhielten wir eine Führung durch eines der Häuser und wurden über die Bauweise, den Stil und die Hintergründe des Projekts aufgeklärt. Aus den vom Leiter des Informationszentrums angepeilten 15 Minuten wurden dann eineinviertel Stunden, da wir alle total begeistert waren und so viele Fragen hatten. Die Bauweise der Häuser gerade auch mit dem Dachgarten hat uns so beeindruckt, dass wir am liebsten sofort das Haus gekauft hätten 🙂
Nach der Tour folgte ein schneller Zwischenstopp im Studentenwohnheim und dann ging’s gleich weiter mit der Tram in die Stadt, wo wir uns mit den anderen auf einem Straßenfest mit Essen verschiedener Nationen verabredet hatten. Da gab’s dann zunächst Bier und karibische Speisen aus Guadeloupe, bevor wir weiter in eine Bar zogen, um das Eröffnungsspiel der Fußball WM anzuschauen.
Der Freitag begann mit einem Vortrag über die Zertifizierung von Biobetrieben in Rumänien. Anschließend wurden die Inhalte der zweiten Woche in einem Multiple Choice Test abgefragt. Obwohl ich mich auch auf den zweiten Test nicht speziell vorbereitet hatte (es gab ja auch viel zu viele andere spannende Dinge) konnte ich glücklicherweise den Großteil der Fragen richtig beantworten. Nach drei weiteren Vorträgen liefen wir ein letztes Mal gemeinsam zum Mittagessen und erfuhren dort, dass wir alle beide Tests erfolgreich bestanden hatten. Nach dem Essen hatten wir den Nachmittag frei, was ich dann mit Eujene zum Kleidershopping nutzte. Nach erfolgreicher Beute traf ich mich noch mit Eva zum Kaffee trinken und irgendwie verquatschen wir uns dann, sodass ich erst gegen 19 Uhr im Studentenwohnheim war. Um halb acht musste ich schon wieder Richtung Innenstadt aufbrechen, da wir um 20 Uhr zum Gala-Dinner im Café de l’Opéra verabredet waren. Dort gab es zunächst einen AUpéro mit Weißwein und kleinen Speisen und wir bekamen ganz offiziell ein „Diploma“ überreicht (bei den Mädels auch typisch französisch mit Küsschen rechts und links vom französischen Professor). Anschließend verteilten wir uns an mehrere Tische zum Drei-Gänge-Menü. Gemeinsam mit Florian landete ich am Tisch mit den ganzen Studenten aus Tarragona. Da vor allem bei uns schon während des Essens die Party begann, wurden wir leider recht schnell von einem Kellner darauf hingewiesen, dass auch noch andere private Gäste im Restaurant sind. Solche Spielverderber 😦 Nach einem genialen Nachtisch (Moelleux au chocolat, also ein Schokoladenküchlein mit flüssigem Kern, mit Eis und Karamellsoße) verzogen wir uns mit den Weingläsern nach draußen, um die anderen Gäste nicht zu stören. Irgendwann beschlossen wir dann eine Bar aufzusuchen, um dort weiterzufeiern. Gegen halb eins zogen wir von dort aus weiter in einen Club, bzw. eine Art Disko auf einem Schiff. Nach Preisverhandlungen mit dem Chef mussten wir nur die Hälfte des Eintrittspreises zahlen und feierten je nach Ausdauer bis in die frühen Morgenstunden. Die Ankündigung unserer Spanier in unserer Facebookgruppe „party hard-spanish style until 6 am“ hielten jedoch nur zwei Spanier, eine Brasilianerin, zwei Rumänen, ein Italiener und vier Deutsche (inklusive mir) durch 🙂 Als wir dann mit der ersten Tram nach Hause fuhren wurde es auch tatsächlich schon wieder hell.
Am Samstag packte ich dann nach 3,5 Stunden Schlaf meinen Koffer, frühstückte, checkte aus und machte mich auf den Weg zu Eva und anschließend auf den Markt. Nach ein paar kleinen Einkäufen hatten wir uns dann zu einer kleinen Tour nach Pessac mit den anderen deutschen Mädels verabredet, da alle anderen Teilnehmer des Programms bereits am Samstag aus Bordeaux abreisten. Eigentlich sollten dort einige Weingüter Tag der offenen Tür haben und Weißwein ausschenken. Als wir in brennender Hitze die zwei Weingüter zu Fuß erreichten, wussten jedoch beide nichts von dieser auf Plakaten und im Internet angekündigten Veranstaltung. Nach diesem Pech machte ich mich wieder auf den Rückweg in die Innenstadt, um dort noch ein wenig durch die Geschäfte zu bummeln. Vor dem Abendessen trafen wir uns am Fluss auf einer Wiese zum Apéro mit kühlem Wein. Lustigerweise fand dort zur selben Zeit auch eine abgefahrene Tanzperformance statt.
Ein Tänzer tanzte mit und auf einem sich bewegenden Bagger zu dramatischer Opernmusik. Im Restaurant kamen dann noch zwei Studenten aus Bordeaux dazu und wir genossen noch einmal die französische Küche. Als wir gegen elf das Restaurant verließen, trafen wir durch Zufall auf eine Gruppe von Musikern (so in die Richtung Guggenmusik mit Blechbläsern und Percussion), die auf dem Platz St. Michèle für Stimmung sorgten. Da uns die Musik so begeisterte beschlossen Eva und ich noch länger zu bleiben, während sich die anderen nach einer halben Stunde verabschiedeten. Flo machte sich auf die Suche nach einer Gelegenheit wo er ab Mitternacht das Fußballspiel Italien-England anschauen konnte. So kam es also, dass wir am Samstag noch bis 2 Uhr nachts in der Stadt waren und entweder Fußball schauten oder zur Musik abtanzten. Witzigerweise hab ich auch alle drei Tore des Matchs gesehen.
Am Sonntag brachte uns dann Eva nach dem Frühstück mit dem Auto zum Flughafen. Die Fahrt war auch wieder eine Mords Gaudi, da wir uns zu fünft mit 3 riesigen Koffern in einen kleinen Peugeot quetschten. Da der Kofferraum nur für zwei Koffer reichte, teilte ich mir die Rücksitzbank mit Flo, Laura und einem Rimova-Koffer. Glücklicherweise ohne Oberschenkel- oder Genickbruch erreichten wir den Flughafen von Bordeaux, von wo wir dann mit Zwischenstopp in Paris Richtung Frankfurt flogen. In Paris gab es aufgrund eines Streiks des Bodenpersonals etliche Verzögerungen, sodass unser Flug immer wieder verschoben wurde und wir erst zwei Stunden später als geplant abhebten.
